Samstag, 20. April 2024
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Tarzan rettet Berlin

Einar Schleef zum 75. Geburtstag:
Tarzan rettet Berlin

Tarzan rettet Berlin

„Es hat nur zwei Genies in Deutschland nach dem Krieg gegeben, im Westen Fassbinder, im Osten Schleef.“ Dies war Elfriede Jelineks Nachruf auf Einar Schleefs Verscheiden aus dieser Welt. Einar Schleef war in vielerlei Hinsicht ein bedeutender Gegenwartskünstler. Er machte sich einen Namen als Autor, Maler, Grafiker, und Bühnenbildner. Auch als Theatermacher war Einar Schleef unermüdlich tätig. Zu seinem 75. Geburtstag post mortem ehrt das Theater Hebbel am Ufer den Ausnahmekünstler mit einem besonderen Nachruf auf sein Leben und Werk.

Der Künstler Einar Schleef war unbequem und provokativ. Unermüdlich kreierte und schuf er Bilder und Vorstellungen von der Welt, wie er sie erblickte. Seine Visionen hatten die Kraft, den Geist der Menschen zu bewegen und zu verändern. Seine waren oft radikal und er brachte sie auf die Bühne. So wundert es nicht, dass seine Inszenierungen oft umstritten waren. Sie bewegten sich immer wieder an den Grenzen des institutionalisierten Theaterbetriebs.

Immer wieder griff er auch polarisierende Themen auf, die den Osten und den Westen Deutschland einander gegenüber stellten. Als der Westen in den 1980er Jahren das Individuum feierte, holte er in Frankfurt den Chor auf die Bühne und konfrontierte so zwei radikal unterschiedliche Sichtweisen miteinander.

Der 75. Geburtstag Einar Schleefs fällt in diesem Jahr mit dem dreißigjährigen Jubiläum des Falls der Berliner Mauer zusammen. Dies ist ein würdiger Anlass an das Werk des großen Denkers zu erinnern. „Erinnern ist Arbeit“ schrieb der Künstler 1992 in seinem fünfbändigen „Tagebuch 1953-2001“, das er von seinem 9. Lebensjahr bis kurz vor seinem Tod führte. Dieses Tagebuch bildet Grundlage und Ausgangspunkt der aktuellen HAU-Koproduktion „Tarzan rettet Berlin“ von Janina Audick, Martina Bosse, Brigitte Cuvelier und Christine Groß. Einar Schleef steht im Mittelpunkt dieser Inszenierung.

Sprachgewaltig analysiert der Theatermacher darin die eigene Sprache. Sprache ist die große Kraft der Menschheit, sie impliziert Verantwortung, Schuld, Individualität. Ein Chor scannt das Gesprochene auf der Suche nach seiner eigenen Identität, eins der zentralen Themen der Tagebücher. Das Stück greift dieselben Fragen auf: Was passiert, wenn eine Identitätsbildung unterbleibt? Was passiert, wenn es Störungen gibt? Und sogleich tauchen auch die Störungen in Form von ungewollten Aktivitäten des Körpers auf.

Die Inszenierung “Tarzan rettet Berlin” holt das Thema von 1980 zurück in die Gegenwart. Ein Chor, der sich jeder Zuschreibung und Etikettierung entzieht, wird Sprachrohr und Ereignis eines inneren Kampfs um Identität und Erkenntnis.


Do, 10. Januar 2019 | Fr, 11. Januar 2019, 19 Uhr
Mo, 14. Januar 2019 | Di, 15. Januar 2019, 19 Uhr
Tarzan rettet Berlin
Ein Chorprojekt nach den Tagebüchern von Einar Schleef

Tickets: 10 und 13 € | Ermäßigungen verfügbar

HAU Hebbel am Ufer | HAU1 | Stresemannstr. 29 | 10963 Berlin | m.hebbel-am-ufer.de


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