Freitag, 19. April 2024
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Radlos sitzen in der Bergmannstraße

Parklet in der Bergmannstraße:

Der neuste Witz in der Kreuzberger Bergmannstraße geht so: „Wie nennt man rollende motorisierte Sitzbänke? – Cabriolets!“ – „Und wie nennt man radlose Sitzbänke? – „Parklets!“. Seit gestern sind die ersten Parklets installiert – die Testphase für eine neue Nutzungskultur im Straßenland beginnt. Ein neues „Stadtbewußtsein“ soll mit landschaftsarchitektonischen Tricks herbeigeführt werden. Nun kann man also testweise im öffentlichen Straßenland Platz nehmen, und „radlos herumsitzen.“

Am 15. März 2018 um 15 Uhr wurden in der Bergmannstraße in Höhe der Hausnummern 99 und 11 zwei sogenannte Parklets von der Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther und Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (B’90/Die Grünen) der Öffentlichkeit zur Benutzung übergeben.

Für die Kommunikation ist der zusätzliche Diskussionsraum gut: die weggefallenen Parkplätze für beräderte und motorisierte „Sitzmöbel“ sorgen für viel Diskussionsstoff im Bergmannkiez.

Radlos sitzen in der Bergmannstraße

Sicher wird zuerst über den weggefallenen Parkplatzraum geklagt. Autobesitzer gehen noch immer wie selbstverständlich davon aus, dass Ihnen ihre Klage abgenommen wird. Tatsächlich aber sind sie diejenigen, die in der Straße zuviel Freiraum zum Abstellen des Lieblingsgefährts beanspruchen. Eine vorhersehbare Diskussion wird um die Frage entstehen, ob die Nutzung der Parklets als Freiluftgaststätte mit „Discounter-Bieren“ und „Supermarktbrausen“ der örtlichen Gastronomie Konkurrenz macht.

In der Tat: es gibt nun einen Systembruch in der öffentlichen Nutzung des Straßenlandes:
Platz auf dem ursprünglich KfZ-Steuern uund Parkgebühren erzielt wurden, werden nun durch staatlich subventionierte Sitzbänke ersetzt, die im Gegensatz zu Vorgartenmöbeln der Gastwirte keine Straßensondernutzungsgebühren kosten. In der „Hauptstadt der sitzenden Arbeit und der sitzenden Freizeitbeschäftigungen“ ist das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!

Parklets simulieren Elemente der größeren Testphase

Die ersten Parklets sind nur ein bescheidende Anfang: es startet damit eine Vorbereitung der im Herbst beginnenden Testphase für die Umgestaltung der Bergmannstraße in eine Berliner Begegnungszone. Erst nach Abschluss dieser Testphase soll 2019 über die langfristige Gestaltung der Begegnungszone in der Bergmannstraße entschieden werden.

Dieses mehrstufige Verfahren solll sicher stellen, dass die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger in die Planung der Begegnungszone einfließen können. Die heute aufgestellten Parklets können von den Bürgerinnen und Bürgern ausprobiert und bewertet werden.

Der politische Anspruch ist ambitioniert:
„Parklets sollen die Stadt lebenswerter machen und mehr Platz schaffen für Begegnung und Erholung. Die Anwohnerinnen und Anwohner werden in diesen Prozess der Umgestaltung intensiv eingebunden“, sagte Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.

Klönen, schnacken, meckern, planen verabreden – wozu sind Parklets gut?

Die Testphase mit rückbaubaren Elementen war ausdrücklicher Wunsch der Bürgerinnern und Bürger sowie der Gewerbetreibenden bei der zurückliegenden Beteiligung für das Pilotvorhaben Bergmannstraße, die 2015/16 stattfand.

Die Beteiligung und Meinungen interessierter Bürgerinnen und Bürger während des jetzt beginnenden Probelaufs werden in die Gestaltung der Testphase einfließen.

„Ich bin gespannt, wie die Parklets von diesem vitalen und kreativen Kiez angenommen und genutzt werden. Von der Mitwirkung der Öffentlichkeit am Probelauf versprechen wir uns wertvolle Hinweise für ein Gelingen der Testphase“, betont Florian Schmidt, Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Facility Management im Bezirk.

Geplant sind Befragungen zur Nutzung und Gestaltung der Parklets, die ab April 2018 vor Ort stattfinden und parallel durch eine Fragebogenaktion unterstützt werden wird.

Parklets als Ort für Kiez-Mobilitäts-Konferenzen

Die Parklets eignen sich zum Verweilen, Klönen, Schnacken, Meckern, Diskutieren, Planen und Verabreden. Als Basis für kleinen Kiez-Mobilitäts-Konferenzen eignen sich die Parklets an schönen Tagen. Bei durchschnittlich 141 Regentagen im Jahr in Berlin und über 57 Frosttagen im Jahr, ist die Nutzbarkeit zeitlich eingeschränkt. An den rund 30-40 Sommertagen im Jahr, kann vermnutich sogar eine „Kurtaxe Bergmannstraße“ Sinn machen, weil die sonnigen Parkletz überlaufen werden.

Man kann aber auch kleine „Kiez-Mobilitäts-Konferenzen“ und „Mobilitäts-Börsen“ im Parklet abhalten, und alltägliche, regelmässige oder „auftragstaktische Mobilitätsbedürfnisse“ zu klären.

Die Parklets bekommen so einen höheren Sinn: „Radlos sitzen – und gemeinsam über neue Mobilität nachdenken, Rat abhalten und – Probleme lösen!“

Im Sommer 2018 werden dann auf Grundlage der Erfahrungen mit diesen zwei Parklets die Planungen für die Testphase zur Begegnungszone präzisiert. Anvisierter Start für die Testphase ist Oktober 2018.

Weitere Informationen:

www.begegnungszonen.berlin.de


LESERAKTION: Kiez-Mobilitäts-Konferenz im Parklet

Die Redaktion der Friedrichshain-Kreuzberg-Zeitung bereitet eine erste bürgeroffene „Kiez-Mobilitäts-Konferenz im Parklet“ vor.
Erstes Thema: „Sperrmüll-Taxi und Lastentransporte im Bergmannkiez“. Dazu werden die Ideen auf Post-It-Zetteln an die Rückenlehnen der Parklet-Sitzbänke geklebt, diskutiert und in einer Sammelmappe einsortiert. Eine Publikation mit Adressen und Links ist geplant.

Ideen, Vorschläge und Kontakte können über die Redaktion übermittelt werden:

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